Dienstag, 31. Dezember 2013

Zeuge für die unendliche Wahrheit






Der Mensch ist dazu erschaffen, Zeugnis abzulegen für die unendliche Wahrheit, Macht, Wirklichkeit und Gegenwart Gottes, 
in dem alles lebt, sich bewegt und ist.

Thomas Merton

Foto: © partagasnr4 /photocase.de

Die wichtigste Entdeckungsreise






Was nützt es uns, zum Mond reisen zu können, wenn es uns nicht gelingt, den Abgrund zu überwinden, der uns von uns selbst trennt? Dies ist die wichtigste aller Entdeckungsreisen; ohne sie sind alle anderen nicht nur nutzlos, sondern zerstörerisch.

Thomas Merton 


Foto: Xenia Illapo

Mittwoch, 25. Dezember 2013

Gott ist gegenwärtig



Gott ist gegenwärtig; lasset uns anbeten, 
Und in Ehrfurcht vor ihn treten! 
Gott ist in der Mitte; alles in uns schweige 
Und sich innigst vor ihm beuge! 
Wer ihn kennt, Wer ihn nennt, 
Schlagt die Augen nieder. 
Kommt, ergebt euch wieder!






Wir entsagen willig allen Eitelkeiten, 
Aller Erdenlust und Freuden; 
Da liegt unser Wille, Seele, Leib und Leben 
Dir zum Eigentum ergeben. 
Du allein sollst es sein, 
Unser Gott und Herre, 
Dir gebührt die Ehre.

Gerhard Tersteegen

!. und 3. Strophe des Liedes "Gott ist gegenwärtig"


Bild: Leonardo da Vinci, Anbetung der Könige aus dem Morgenland ,um 1481
Uffizien, Florenz

Mittwoch, 11. Dezember 2013

Der eine Geist bewirkt alles in allen


Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott. Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem anderen durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem anderen – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem anderen Wunderkräfte, einem anderen prophetisches Reden, einem anderen die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem anderen verschiedene Arten von Zungenrede, einem anderen schließlich die Gabe, sie zu deuten. Das alles bewirkt ein und der derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe, wie er will.


Paulus von Tarsus

(1. Korinther-Brief 12, 4-11)

Donnerstag, 21. November 2013

Sehnsucht




Obwohl wir Gott nie gesehen haben, sind wir wie Zugvögel, die an einem fremden Ort geboren, doch eine geheimnisvolle Unruhe empfinden, wenn der Winter naht, einen Ruf des Blutes, eine Sehnsucht nach der frühlingshaften Heimat, die sie nie gesehen haben und zu der sie aufbrechen, 
ohne zu wissen, wohin.


Ernesto Cardenal

(Das Buch von der Liebe, Peter Hammer Verlag, S. 55)

Bild: © moorhenne  / pixelio.de

Sonntag, 17. November 2013

Hört auf, trunken zu sein, bezaubert von dem unvernünftigen Schlafe!


Ihr Völker, ihr Menschen der Erde! Ihr habt euch der Trunkenheit und dem Schlaf übergeben, der Unwissenheit über Gott. Auf, werdet nüchtern! Hört auf, trunken zu sein, bezaubert von dem unvernünftigen Schlafe! (...) Warum habt ihr euch, ihr Menschen der Erde, dem Tod übergeben? Ihr besitzt doch Macht, an der Unsterblichkeit teilzuhaben. Kehrt um! Ihr seid mit dem Irrtum zusammen unterwegs. Ihr macht mit der Unwissenheit gemeinsame Sache. Trennt euch von dem finstren Licht! Verlasst das Verderben! Nehmt euren Anteil an der Unsterblichkeit!




Aus dem hermetischen Traktat Pimander 

Corpus Hermeticum
(zwischen 100 und 300 n.Chr.)


Mittwoch, 13. November 2013

Lass mich verzweifeln, Gott, an mir, doch nicht an dir!



Lass mich verzweifeln, Gott, an mir,
Doch nicht an dir!
Lass mich des Irrens ganzen Jammer schmecken,
Lass alles Leides Flammen an mir lecken,
Lass mich erleiden alle Schmach,
Hilf nicht mich erhalten,
Hilf nicht mich entfalten!
Doch wenn mir alles Ich zerbrach,
Dann zeige mir,
Dass du es warst,
Dass du die Flammen und das Leid gebarst,
Denn gern will ich verderben,
Will gerne sterben,
Doch sterben kann ich nur in dir.


Hermann Hesse


Ein gefallener Gott, der sich an den Himmel erinnert.




Begrenzt in seinem Wesen, unbegrenzt in seinen Wünschen, 
ist der Mensch ein gefallener Gott, 
der sich an den Himmel erinnert.

Alphonse de Lamartine
(1790-1869)

Poetische Meditationen

Foto: © patano

Samstag, 9. November 2013

Glück


Solang du nach dem Glücke jagst, 
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.

Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.

Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,
Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht. 


Hermann Hesse



Entfaltung des Wesentlichen



Wahre Worte sind nicht schön,
schöne Worte sind nicht wahr.

Tüchtigkeit überredet nicht,
Überredung ist nicht tüchtig.

Der Weise ist nicht gelehrt,
der Gelehrte ist nicht weise.

Der Berufene häuft keinen Besitz auf.
Je mehr er für andere tut,
desto mehr besitzt er.
Je mehr er anderen gibt,
desto mehr hat er.

Des Himmels Sinn ist fördern, ohne zu schaden.
Des Berufenen Sinn ist wirken, ohne zu streiten.


Tao Te Ching  - Das Buch des Alten vom Sinn und Leben   (81) 
 (in der Übersetzung von Richard Wilhelm)

Quelle

Montag, 4. November 2013

Das "Nichts" - eine Interpretation von Meister Eckhart


In der Predigt 71 interpretiert Meister Eckhart das Wort aus der Apostelgeschichte (9,8) " Paulus stand auf von der Erde und mit offenen Augen sah er nichts" 

" Mich dünkt, dass das Wörtlein nihil (nichts) vielfachen Sinn habe. Der eine Sinn ist dieser: als er aufstand von der Erde, sah er mit offenen Augen nichts, und dieses Nichts war Gott…Der zweite: als er aufstand, da sah er nichts als Gott. Der dritte: in allen Dingen sah er nichts als Gott. Der Vierte: als er Gott sah, da sah er alle Dinge als ein Nichts…
Siehst du irgendetwas oder fällt irgendetwas in dein Erkennen, so ist das Gott nicht. Eben deshalb nicht, weil er weder dies noch das ist. Wer sagt, Gott sei hier oder dort, dem glaubet nicht… Wenn die Seele in das Eine kommt und darin eintritt in eine lautere Verwerfung ihrer selbst, so findet sie dort Gott als in einem Nichts.
Es deuchte einem Menschen wie in einem Traum - es war ein Wachtraum-, er würde schwanger vom Nichts wie eine Frau mit einem Kind, und in diesem Nichts ward Gott geboren. Der war die Frucht des Nichts: Gott ward geboren. Daher heißt es in der Apostelgeschichte:"Paulus stand auf von der Erde und mit offenen Augen sah er nichts".

Meister Eckhart

zitiert nach: Niklaus Brantschen SJ,Pia Gyger,Bernhard Stappel, 

Via integralis. Wo Zen und christliche Mystik sich begegnen: Ein Übungsweg ..., Kösel-Verlag



O glückselige Einsamkeit



O beata solitudo - o sola beatitudo 




O glückselige Einsamkeit, o alleinige Glückseligkeit


ein beliebter Ausspruch von 

Bernhard von Clairvaux
(1091 - 1153)

Foto: Quelle

Mit einer demütigen Regung der Liebe


Erhebe dein Herz zu Gott mit einer demütigen Regung der Liebe; meine Gott selbst und keine Seiner Eigenschaften. Empfinde einen Widerwillen davor, an irgend etwas außer an Ihn zu denken, auf dass nichts in deinem Verstande und in deinem Willen wirke als allein Er selbst. Bemühe dich nach Kräften, alle von Gott je erschaffenen Lebewesen mitsamt ihren Werken zu vergessen, damit dein Dichten und Trachten auf keines von ihnen gerichtet sei oder nach ihnen verlange, weder im allgemeinen noch im besonderen. Lass sie in Ruhe und beachte sie nicht. Dies ist das Werk der Seele, das Gott am besten gefällt ... Allen Menschen auf der Erde ist dieses Werk eine wundersame Hilfe, auch wenn du nicht weißt, warum...
Und kein anderes Werk reinigt dich selbst so sehr und macht dich so lauter wie dieses. Dabei ist es von allen das leichteste und am schnellsten zu vollbringende Werk, wenn durch Gnade in der Seele ein spürbares Verlangen entsteht; ohne Gnade freilich ist es für dich zu hart und zu schwer. Gib also nicht auf, sondern gib dir solange Mühe damit, bis du Verlangen danach empfindest. Denn zu Beginn deiner Übung bemerkst du nichts als eine Finsternis, sozusagen eine Wolke des Nichtwissens, genau weißt du nicht, was das ist, außer dass du in deinem Willen ein von allem entblößtes Verlangen nach Gott spürst. Du magst dich bemühen wie du willst, dennoch bleiben diese Dunkelheit und diese Wolke zwischen dir und deinem Gott und hindern dich, Ihn mit dem Lichte deiner geistigen Verstandeskraft in deiner Vernunft deutlich zu erkennen oder in seliger Liebe in deinem Herzen zu spüren. Mache dich deshalb bereit, in dieser Dunkelheit solange wie möglich zu verweilen und immerfort nach dem, den du liebst, zu rufen; denn wenn du Ihn je fühlen oder sehen können wirst, sofern dies hienieden möglich ist, so kann dies doch immer nur in jener Wolke und Dunkelheit geschehen. Wenn du dich indes eifrig in diesem Werk bemühst, so wie ich es dir rate, glaube ich wohl, dass Gott in Seiner Gnade dir diese erwähnte Schau gewährt.



Die Wolke des Nichtwissens  (Kapitel 3)
(Ende des 14. Jahrhunderts)

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Gott lässt sich nur von der Liebe fassen


Jetzt wirst du mich fragen: "Wie soll ich an Ihn denken, und was ist Er?" Darauf kann ich dir nur antworten: Ich weiß es auch nicht. Denn du hast mich mit deiner Frage in die gleiche Dunkelheit und in die gleiche Wolke des Nichtwissens versetzt, in der ich dich selbst gern sähe. Denn alle anderen Geschöpfe und ihre Werke ja sogar die Werke Gottes selbst kann man durch Gnade zur Gänze erkennen, und es ist gut möglich, sich mit ihnen in Gedanken zu beschäftigen. Aber Gott selbst kann kein Mensch gedanklich erfassen. Und daher will ich alles, was ich denken kann, hinter mir lassen und zum Gegenstand meiner Liebe das erwählen, das nicht gedacht werden kann. Denn Gott kann wohl geliebt, aber nicht gedacht werden. Von der Liebe lässt er sich fassen und halten, vom Intellekt jedoch nicht. Und wenn es darum auch zuweilen gut ist, an die Güte und Erhabenheit Gottes im besonderen zu denken und wenn das auch den Geist erleuchtet und einen Teil der mystischen Kontemplation bildet, müssen doch solche Gedanken bei diesem Werk abgeworfen und mit einer Wolke des Vergessens bedeckt werden. Sodann musst du mit festem, freudigem Schritt über sie emporsteigen und mit einer innigen und süßen Liebesregung versuchen, das Dunkel, das über dir ist, zu durchdringen. Bohre den spitzen Speer der sehnenden Liebe in diese dichte Wolke, und lass nicht davon ab, was immer geschehen mag.


Die Wolke des Nichtwissens  (Kapitel 6)
(Ende des 14. Jahrhunderts)



Freitag, 18. Oktober 2013

Das wahre Licht





Gott ist das wahre Licht, du hast sonst nichts als Glast,
im Falle du nicht ihn, das Licht der Lichter, hast. 


Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann, Band II, 7)

Bild: Die Alexanderschlacht (Detail), Gemälde des Malers A. Altdorfer

Sonntag, 13. Oktober 2013

Der mystische Zustand


So beschreibt Simone Weil den mystischen Zustand in den Upanishaden:
"Dies ist der Zustand der jenseits allen Wünschens ist, der das Böse beseitigt, in dem keine Frucht ist. Wie jener, der von einer geliebten Frau umschlungen wird, nichts mehr erkennt, was immer es auch sei, außen oder innen, so erkennt auch der Geist, vom geistigen Atman umschlungen, nichts mehr, was immer es auch sei, außen oder innen. Dies ist der Zustand, in dem das Verlangen erfüllt ist, in dem man nur nach dem Atman verlangt, in dem nicht verlangt; der Zustand, der jenseits des Leidens ist. Hier ist der Vater nicht der Vater, ist die Mutter nicht die Mutter, sind die Welten nicht Welten, sind die Götter nicht Götter, sind die Veden nicht Veden. Hier ist der Dieb nicht Dieb, ist der Abtreiber nicht Abtreiber, ist der Asket nicht Asket. Ihm folgt nicht das Gute, ihm folgt nicht das Böse. Er ist so jenseits aller Leiden des Herzens. Dieses Wesen, das nicht sieht, ist ein Seher, der nicht sieht...Dieses Wesen, das nicht erkennt, ist ein Erkennen, der nicht erkennt…
Da, wo etwas anderes ist, da kann das eine das andere sehen, das andere spüren, das andere schmecken, das andere sagen, das andere hören, das andere vorstellen, das andere berühren, das andere erkennen. Zwischen den Wassern ist ein einziges Wesen, ein Seher ohne Gegenstand, das ist die Welt des Brahman. Das ist der höchste Weg, die höchste Welt, die höchste Glückseligkeit. Die anderen Wesen leben von einem Körnchen dieser Glückseligkeit"
Simone Weil (1909-1943)
Cahiers/Aufzeichnungen (1. Band)
zitiert nach: Wolfgang W.Müller, Simone Weil: theologische Splitter, Theologischer Verlag Zürich, S. 108-109

Wer kann die Freude der Gemeinschaft mit Gott verstehen?



Wie ein kleines Kind keine Verständnisfähigkeit für die Freude der ehelichen Vereinigung hat, so kann sich ein Weltling keinen Begriff machen von der ekstatischen Freude der Gemeinschaft mit Gott.

Ramakrishna

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Das Königreich ist in euch


Jesus sprach: 

"Wenn die, die euch führen, euch sagen: Seht, das Königreich ist im Himmel, so werden die Vögel des Himmels euch vorangehen. 
Wenn sie euch sagen: es ist im Meer, so werden die Fische euch vorangehen. 
Aber das Königreich ist in euch, und es ist außerhalb von euch.
Wenn ihr euch erkennen werdet, dann werdet ihr erkannt, und ihr werdet wissen, dass ihr die Söhne des lebendigen Vaters seid. Aber wenn ihr euch nicht erkennt, dann seid ihr in der Armut, und ihr seid die Armut."


aus dem Evangelium nach Thomas



Dienstag, 1. Oktober 2013

Gott ist die Fülle von allem und der Verzicht auf alles


Gott ist die Fülle von allem und der Verzicht auf alles; die Jenseitigkeit selbst, über der alles umschlossen liegt; kein Sein und Nichtsein kann Ihn treffen und Ja und Nein erreichen Ihn nicht…
Er ist auch nicht Wissen, nicht Wahrheit, nicht Herrschaft, nicht Weisheit, nicht die Eins oder die Einheit oder Göttlichkeit oder Güte oder Schönheit oder Geist in dem Sinne, in welchem wir Menschen  es begreifen könnten. Er ist nicht Vaterschaft, nicht Kindhaft, nichts was sich mit irgendetwas Bekanntem oder Erfahrenem irgendeines lesbaren Wesens vergleichen ließe. Er ist nichts von dem, was dem Nichtsein angehört, aber auch nichts von dem, was dem Sein angehören könnte.
Und so kann niemand erkennen, so wie Er ist, aber auch Er, als der Unendliche schlechthin, kennt uns nicht: Er kann das Endliche nicht als ein bloß Endliches hinnehmen, denn such dies wäre schon Verzicht auf Unendlichkeit. So entzieht Er sich unserem denken, Rufen, Wissen, ist auch nicht Dünken, auch nicht Helle, nicht Irrtum oder Wahrheit; man kann Ihm nichts zusprechen vor anderen, nichts absprechen vor anderen, nichts anvertrauen und nichts ableugnen - denn wenn wir Ihm in Endlichen Grenzen setzen, durch Zuspruch oder durch Leugnung, muten wir Ihm Beschränkungen zu, die an Ihn niemals heranreichen können.


Dionysius Areopagita ( 6. Jhr.)

Sonntag, 29. September 2013

Selbstvergessenheit und Gotteserfahrung


Der Mensch sollte allen Sinnen entweichen und all seine Kräfte nach innen kehren und in ein Vergessen aller Dinge und seiner selber kommen. In diesem Sinne sprach ein Meister zur Seele: Zieh dich zurück von der Unruhe äußerer Werke, flieh also, und verbirg dich vor dem Gestürm äußerer Werke und inwendiger Gedanken, sie schaffen nur Unfrieden. Aber wenn Gott sein Wort in der Seele sprechen soll, muss sie in Friede und Ruhe sein, und dann spricht er sein Wort und sich selbst in der Seele, nicht ein Bild, sondern sich selbst. 


Meister Eckhart

(aus: Meister Eckharts mystische Schriften, übertragen von Gustav Landauer. Predigt "Vom Schweigen")

Gott ergreift man nicht


Gott ist ein lauter Nichts, ihn rührt kein Nun noch Hier:

Je mehr du nach ihm greifst, je mehr entwird er dir.


Angelus Silesius

(Cherubinischer Wandersmann, 1.Buch, 25)

Suche nichts als ein reines Entsinken in das verborgene Gut


Suche nichts als ein reines, einfaches Entsinken 
in das reine, einfache,unbekannte, namenlose, 
verborgene Gut, das Gott ist, 
und in alles, was sich in ihm enthüllen mag. 

Alles soll sich an sein Nichts halten:
Nichts wissen, nichts erkennen, nichts wollen, 
nichts suchen, nichts haben wollen.

Suche weder Empfindung noch Erleuchtung! 
Entsinke in dein Nicht-wissen
und Nicht-wissen-wollen!

Die Tiefe, die in Gott ist,
ist ein solcher Abgrund,
dass aller geschaffene Verstand 
sie nicht zu erreichen 
noch zu ergründen vermag.

Dieser Tiefe soll der Mensch begegnen
mit der eigenen Tiefe:
das ist, dem grundlosen Abgrund 
einer unergründlichen Selbstvernichtung.

Das heißt: könnte er ganz 
zu einem lauteren Nichts werden, 
das hielte er für recht und billig.

Das kommt aus der Tiefe
und der Erkenntnis seines Nichts.


Johannes Tauler


Donnerstag, 26. September 2013

Gott ist die erste Ursache aller Dinge


Gott ist die erste Ursache aller Dinge
denn die beschränkten Dinge, wie alles, was wir sehen und erfahren, sind zufällig und besitzen nichts, was ihnen notwendige Existenz verleiht; ist es doch offenbar, dass Zeit, Raum und Materie, an sich einheitlich und gleichförmig und gegen alles gleichgültig, andere Bewegungen und Gestalten in anderer Anordnung erhalten konnten. Es gilt also, den Grund für die Existenz der Welt, als den Zusammenschluss aller zufälligen Dinge, aufzusuchen, und zwar in der Substanz, die den Grund ihrer Existenz in sich selbst trägt und die darum notwendig und ewig ist.

Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz 
(1646 - 1716) 



Der Herr ist auf meinem Haupte wie ein Kranz







Der Herr ist auf meinem Haupte wie ein Kranz, 
und nicht werde ich von ihm weichen. 
Geflochten ist mir der wahre Kranz, 
und er hat Deine Zweige in mir aufsprießen lassen. 
Denn er gleichet nicht einem vertrockneten Kranz, 
der nicht aufsprießt, 
sondern Du bist lebendig auf meinem Haupte, 
und Du bist mir entsprossen.
Deine Früchte sind voll und vollkommen (reif), 
angefüllt mit Deinem Heile ....



Oden Salomos  (1. Ode)


aus: "Ein jüdisches-christliches Psalmbuch aus dem 1. Jahrhundert", Leipzig 1910

Ein Verweis zu den Oden Salomos 

Foto: Sahasrara © kamelienyoga.com




Dienstag, 24. September 2013

Reden und Schweigen ( 2 )


Einmal sagte Abbas Poimen: 
"Da ist ein Mensch, der scheint zu schweigen, aber sein Herz urteilt und verurteilt andere. Ein solcher redet in Wirklichkeit ununterbrochen. Und da ist ein anderer, der redet von der Frühe bis zum Abend, und doch bewahrt er selbst das Schweigen, das heißt, er redet nichts Nutzloses."



Apophthegmata Patrum

(Sammlung von kurzen Aussagen, die von den ersten christlichen Mönchen Ägyptens, den sogenannten Wüstenvätern, stammen. Die meisten Sprüche wurden im 4. und 5. Jahrhundert verfasst)

Reden und Schweigen


Ein Bruder fragte den Altvater Poimen: "Ist Reden besser als Schweigen?" Der Greis antwortete ihm: "Wer Gottes wegen redet, tut gut daran, wer Gottes wegen schweigt, tut ebenso gut."



Apophthegmata Patrum

(Sammlung von kurzen Aussagen, die von den ersten christlichen Mönchen Ägyptens, den sogenannten Wüstenvätern, stammen. Die meisten Sprüche wurden im 4. und 5. Jahrhundert verfasst)

Samstag, 21. September 2013

Du, o Wahrheit, bist das ewige Licht, das mich erleuchtet


Du, o Wahrheit, bist das ewige Licht, das mich erleuchtet, so dass ich sehe, was da ist und wie es zu werten ist. Ich vernehme gar wohl, wie Du mich lehrtest, wie Du mir gebotest. Oftmals tue ich es, und immer ist's mir Freude; und so oft ich kann, fliehe ich aus dem Zwang und Wirrwarr der Geschäfte zu dieser Freude, mir die Seele zu erquicken. In allem, was ich suchend durchlief, fand ich für meine Seele keinen sichreren Ort als in Dir, der Du zu sammeln weißt, was ich zerstreute. Manchmal fährst Du meine Seele in ein unfaßbares Meer der rätselvollsten Wonnen tief drinnen in meinem Innern. Und wann immer ich an dieser Wonne teilhatte, spürte ich, dass ihr vollkommener Besitz alle Freuden des Erdenlebens weit übersteigt. 

Augustinus von Hippo

(Bekenntnisse, 10.Buch, 40.Kapitel)

Freitag, 20. September 2013

Verbirg nicht vor mir Dein Antlitz


Sage mir, o mein Herr und mein Gott, um deiner erbarmenden Liebe willen, was du mir bist. Sprich zu meiner Seele: Ich bin deine Hilfe. So sprich, auf dass ich dich hören kann. Siehe meines Herzens Ohr lauschend vor dir; erschließe es, o Herr, und sprich zu meiner Seele: Ich bin deine Hilfe
Betend will ich folgen dieser Stimme und dich ergreifen. 
Verbirg dein Angesicht nicht vor mir!


Augustinus von Hippo


(Bekenntnisse, 1.Buch, 5.Kapitel)